Ausschüttung aus unternehmerischer Beteiligung: Wiedereinsetzung „rettet“ die Steuerfreistellung nach dem Teileinkünfteverfahren
Ausschüttungen aus einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung unterliegen regelmäßig dem 25%igen Abgeltungsteuersatz. Wer jedoch
- zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
- für die Gesellschaft beruflich tätig ist und dabei mindestens 1 % der Anteile hält,
kann die Abgeltungsteuer „abwählen“, indem er einen Antrag auf Regelbesteuerung stellt. In diesem Fall unterwirft das Finanzamt die Einkünfte aus der Beteiligung der tariflichen Einkommensteuer und wendet dabei das Teileinkünfteverfahren (mit 40%iger Steuerfreistellung der Erträge) an. Weiterer positiver Effekt der Antragstellung ist, dass sich Finanzierungskosten bei den Kapitaleinnahmen in Abzug bringen lassen.
Hinweis: Nach dem Einkommensteuergesetz muss der Antrag spätestens „zusammen mit der Einkommensteuererklärung“ gestellt werden.
Ein Anteilseigner aus Hessen hat nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) erwirkt, dass sein Antrag auf Regelbesteuerung auch noch nachträglich berücksichtigt wird. Er hatte im Jahr 2010 aus einer 40%igen Beteiligung an einer GmbH eine Gewinnausschüttung von 18.000 EUR erhalten. In der Einkommensteuererklärung, die er ohne Steuerberater angefertigt hatte, trug er die Ausschüttung auf der Anlage KAP als „Kapitalerträge, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben“ ein. Er beantragte zudem die allgemeine „Günstigerprüfung für sämtliche Kapitalerträge“, unterließ es aber, für die Ausschüttung den gesonderten Antrag auf Regelbesteuerung zu stellen. Es kam deshalb, wie es kommen musste: Das Finanzamt wandte die 40%ige Steuerfreistellung nach dem Teileinkünfteverfahren nicht an und besteuerte die Ausschüttung in voller Höhe. Innerhalb der Einspruchsfrist holte der Mann den Antrag nach. Das Finanzamt lehnte diesen jedoch ab und verwies darauf, dass er nicht „zusammen mit der Einkommensteuererklärung“ gestellt worden sei.
Der Mann zog bis vor den BFH und bekam dort recht: Nach Ansicht der Bundesrichter musste ihm eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, so dass die Versäumung der Antragsfrist irrelevant war. Der BFH war der Auffassung, dass der steuerlich nichtberatene Mann ohne Verschulden daran gehindert war, die Frist zur Antragstellung einzuhalten, so dass die zentrale Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung erfüllt war. Bei der Anfertigung seiner Steuererklärung habe er davon ausgehen dürfen, alle notwendigen Angaben gemacht zu haben, um das für ihn günstigste Besteuerungsergebnis zu erreichen.
Nach Gerichtsmeinung durfte ihm auch nicht angelastet werden, dass er die amtliche Anleitung zur Anlage KAP nicht vollständig gelesen hatte, denn aus dieser gingen irreführende Aussagen hervor: Darin hieß es, dass das Finanzamt aufgrund des allgemeinen Antrags auf Günstigerprüfung prüfe, ob sich eine „niedrigere Besteuerung der Kapitalerträge“ ergebe. Es fehlte in dieser Anleitung jedoch der Hinweis darauf, dass bei unternehmerischen Beteiligungen ergänzend ein Antrag auf Regelbesteuerung erforderlich sein kann. Bei dieser Sachlage konnte dem Anteilseigner wegen der unterbliebenen Lektüre der Anleitung kein Verschuldensvorwurf gemacht werden.
Hinweis: Das Finanzamt musste dem Antrag auf Regelbesteuerung daher stattgeben, so dass die Gewinnausschüttung schließlich doch noch zu 40 % steuerfrei belassen wurde.
(aus: Ausgabe 03/2018)